Nächste Runde im Streit um die vom Kreis genehmigten Windräder in Borchen. Die CDU hatte eine „juristische Neubewertung“ der Klage beantragt, die Bürgermeister und SPD beim Verwaltungsgericht in Minden vorangetrieben hatten. Die Grünen sehen „keine oder nur marginale“ Erfolgsaussichten für das Klageverfahren gegen die Baugenehmigungen.
Schon seit langem hatten die Grünen dafür plädiert, einen neuen Flächennutzungsplan aufzustellen, der Rechts- und Planungssicherheit für Borchen bringt. Wenn die Klage jetzt zurückgezogen wird, wollen die Grünen möglichst viel Wertschöpfung vor Ort sichern. Über diese sechs Punkte soll deshalb mit den Investoren im Gegenzug ein Agreement erreicht werden:
- Komplette Steuereinnahmen in Borchen
- Vergünstigter Strom für die Borchener Bürgerinnen und Bürger
- Auswahl von Ausgleichsmaßnahmen für Natur und Landschaft innerhalb Borchens
- Investitionsmöglichkeit für Borchener Bürgerinnen und Bürger
- Gründung einer Stiftung für Borchen
- Verzicht auf mögliche Schadenersatzforderungen
Den Vorschlag erklärte Karl-Edzard Buse-Weber für die grüne Fraktion in der gestrigen Ratssitzung:
„In den Januar-Sitzungen des HFA und auch der Ratssitzung haben wir bereits gegen das Einreichen von Rechtsmitteln gestimmt. Dies geschah, nachdem wir vorliegende Informationen gründlich geprüft und die verschiedenen Interessen abgewogen haben. Es wird also niemanden wundern, dass unsere Fraktion weiterhin für die Rücknahme der Rechtsmittel stimmen wird. Wir sehen das Verfahren insgesamt als nicht zielführend an, da es mit nicht verantwortbaren Risiken für die Gemeinde behaftet ist. – Für zielführend halten wir die schnelle Aufstellung eines neuen, rechtsgültigen Flächennutzungsplans. Dies hat der Rat der Gemeinde ja mittlerweile beschlossen – wie wir es ja schon seit Jahren fordern.
So ein Plan gibt zwar Rechte in ausgewiesenen Windvorrangzonen, aber er nimmt auch Rechte, Wind-Energie-Anlagen außerhalb von Windvorrangzonen zu errichten. Nur durch einen rechtsgültigen FNP kann die Gemeinde hier steuernd tätig werden.
Die vom Kreis genehmigten Wind-Energie-Anlagen, um die es bei der Rücknahme der Rechtsmittel geht, liegen nach dem ersten Entwurf des neuen Flächennutzungsplans innerhalb der Windvorrangzonen. Der Abstand zur Wohnbebauung ist bei jeder der Anlagen größer als 1200 Meter. Einen größeren Mindestabstand als diese 1200 Meter zur Wohnbebauung wird selbst der endgültige FNP nicht ausweisen können, da wir sonst erneut die Rechtssicherheit gefährden. Dies hat uns der Fachgutachter von der Städtebauplanung in der Vorstellung des ersten Entwurfes erläutert.
Ein großer Mindestabstand zur Wohnbebauung ist für uns ein wichtiges Kriterium neben dem Vermeiden der Umstellungswirkung durch Wind-Energie-Anlagen. Wir sehen in dem Beschlussvorschlag aus der Verwaltungsvorlage eine gute Grundlage für das weitere Vorgehen.
Doch wenn in Borchen Wind-Energie-Anlagen errichtet werden, gehört es auch dazu, rechtzeitig Sorge zu tragen, dass Teile der Wertschöpfung dem Ort zu Gute kommen und somit die Borchenerinnen und Borchener sowie die Gemeinde Borchen etwas von dem Ertrag erhalten. An dieser Stelle sei aber deutlich angemerkt, dass wir dadurch unsere politische Unabhängigkeit und Urteilsvermögen nicht beeinträchtigt sehen.
Die Ergänzung betrifft folgende Punkte:
1. Firmensitz und Steuereinnahmen: Die anfallende Gewerbesteuer soll möglichst komplett in den Borchener Haushalt gelangen. Das geht natürlich am besten, wenn der Firmensitz sich auch in Borchen befindet. Für uns entscheidend ist die Abführung der Steuern in Borchen.
2. Vergünstigter Strom für die Borchener Bürger: Wir möchten, dass die Borchener Haushalte vergünstigten Strom erhalten können. In umliegenden Gemeinden ist das heute schon der Fall auf Grund der Nähe zu den Anlagen und dem Wegfall von EEG Umlagen.
3. Ausgleichsmaßnahmen für Natur und Landschaft: Investoren müssen den Eingriff in die Natur kompensieren und in Ausgleichsmaßnahmen investieren. Hier möchten wir mitreden können und uns über Ausgleichsmaßnahmen im Bereich Natur- und Umweltschutz z.B. im Bauausschuss verständigen. Die Ausgleichsmaßnahmen können in den Bereich Landschaft investiert werden, aber auch Anpflanzungen als Schallschutz vor Autobahnen betreffen oder auch Investitionen in Grünanlagen bei Schulhöfen oder Spielplätzen. Das Richtige für Borchen wird der Ausschuss schon finden.
4. Investitionsmöglichkeit: Sollten Borchener Bürger, was ja denkbar ist, in Wind-Energie-Anlagen, die in Borchen gebaut werden, investieren wollen, so soll diese Möglichkeit geschaffen werden und die Borchener Bürger bevorzugt behandelt werden.
5. Stiftung: Wir konnten es bereits der Presse entnehmen, dass der aktuelle Investor bereit ist eine Stiftung zu gründen. Aus den Stiftungsmitteln könnten entsprechend ihrer Zweckbestimmung beispielsweise Vereine unterstützt werden. Auf dieses Angebot sollten wir zugehen und es annehmen.
6. Schadenersatz: Eine Rücknahme von Rechtsmitteln sollte nicht einseitig geschehen. Sollten sich bislang für den Investor Möglichkeiten ergeben haben, Schadenersatz geltend zu machen, so sollte klar sein, dass er von dieser Möglichkeit im Gegenzug zu unserem Stopp von Rechtsmitteln keinen Gebrauch machen wird.
Diese sechs Punkte sind für uns, neben der die Rücknahme der bisher eingelegten Rechtsmittel, von Bedeutung. Von daher beantragt unsere Fraktion, den vorliegenden Beschlussvorschlag zu erweitern.“
Der bisherige Beschlussvorschlag der CDU hatte gelautet: „Der Rat der Gemeinde Borchen beschließt aufgrund der geringen Erfolgsaussichten und des zu erwartenden hohen Schadens für die Gemeinde Borchen und der Regressansprüche gegen die Ratsmitglieder von ca. 9 Mio. Euro, die Klagen beim Verwaltungsgericht bzw. Oberverwaltungsgericht zurückzuziehen.“
Dieser Beschlussvorschlag ist zu ergänzen durch folgende Formulierung:
Auf dem Weg der Rücknahme der Rechtsmittel werden folgende Punkte im Interesse Borchens mit dem Investor kurzfristig geregelt:
1. Komplette Steuereinnahmen in Borchen (Verlegung des Firmensitzes oder sonstige Regelung)
2. Vergünstigter Strom für die Borchener Bürgerinnen und Bürger
3. Auswahl von Ausgleichsmaßnahmen für Natur und Landschaft innerhalb Borchens
4. Investitionsmöglichkeit für Borchener Bürgerinnen und Bürger
5. Gründung einer Stiftung für Borchen
6. Verzicht auf mögliche Schadenersatzforderungen
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